Freitag, 30. Dezember 2016

Nietzsche und die Sekundärliteratur

Nietzsche soll sich fast ausschließlich aus Sekundärliteratur informiert haben. Er fand auch, dass das reicht, weil große Persönlichkeiten als Platzhalter für Ideen und Ansichten fungieren, die in die Persönlichkeiten hinein projiziert wurden, und es eigentlich nie um die Ansichten der Persönlichkeiten geht, sondern immer um die in den Sekundärquellen diskutierten Standpunkten. Wer sich aber aus Primärquellen informiert, verbindet Ansichten und Standpunkte mit diesen Namen, die kein gelehrter Mensch damit in Verbindung bringt und das macht eine Kommunikation fast unmöglich. Nicht selten kommt auch noch hinzu, dass Persönlichkeiten erst dadurch groß werden, dass sie tot sind. Tote haben die tolle Eigenschaft, dass sie nicht widersprechen können, die Gesellschaft kann ihnen also jede nur erdenkliche Meinung in den Mund legen und niemand wird widersprechen. Und aus der Erfahrung, dass man unangenehme Wahrheiten noch größer macht, wenn man sie zu unterdrücken sucht, griff man oft zu der List, dass man die Querdenker zu großen Persönlichkeiten gemacht hat, allerdings geht damit einher, dass Sekundärliteratur entsteht, die diesen Denkern angenehme Ansichten in den Mund legt. Das bringt uns zum Anfang zurück. Wie hat Nietzsche diese Theorie entworfen, wenn er nur Sekundärliteratur gelesen hat? Er wird es wohl nicht. Allerdings enthält es einen wahren Kern. Nietzsche behauptete wohl, dass vieles lesen generell schlecht ist. Man solle besser viel denken. Wenn man aber nun trotzdem einen Anknüpfungspunkt braucht, um sein Publikum abzuholen und ihm seine Gedanken mitzuteilen, dann ist es wohl ratsam in Sekundärliteratur zu lesen, damit man weiß, was einem Gelehrten durch den Kopf geht, wenn er beispielsweise den Namen "Platon" hört. Was soll man erst für Irritationen sorgen, in dem man von Platons tatsächlichen Theorien anfängt zu erzählen? Wenn es gut läuft, hält man mich nur für ungebildet und hört trotzdem weiter zu. Wenn es schlecht läuft, ist das Gespräch sofort beendet oder wir streiten uns über meinen Aufhänger statt über das eigentliche Thema, dass ich zur Sprache bringen wollte. Nietzsche meint halt, dass es uns egal sein soll, wer eine Idee hatte oder wie eine Idee genannt wird. Es geht doch eigentlich um den Gedanken und nicht um den Denker. Wozu dient es dem Denker eine so große Bedeutung beizumessen, wenn nicht, um ein argumentum ad hominem zu basteln?

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

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